Mach das Beste aus einem schlechten Tag!
Ein schlechter Tag
Was habe ich noch im ersten Blogbeitrag geschrieben? Sei die Lehrerin, die du immer sein wolltest, werde zu der Lehrerpersönlichkeit, die deine Werte vertritt! Liebe, Geduld, Mitgefühl, Freude, Elan und all diese schönen Dinge. Stattdessen sitzt mein aktuelles Ich auf dem Sofa, müde, erschöpft, genervt. Ein wirklich schlechter Tag. Ein beschissener Tag! Die Woche begann schon gestern anstrengend. In der Schule jagte eine Katastrophe die nächste. Richtige Katastrophen, die dich persönlich erschüttern, weil eine professionelle Distanz sich schwer aufrechterhalten lässt, wenn es um Kinder geht, die dir am Herzen liegen. Dann kamen noch der normale Schulalltag, der Zeugniswahnsinn, Elterngespräche, Absprachen mit Kolleginnen und Kollegen und Stau auf der Autobahn. Als ich bis 23 Uhr korrigiert hatte, schlief ich erschöpft direkt zu Beginn der Meditation ein, ich kann mich an ungefähr drei bewusste Atemzüge erinnern…
Selbstvorwürfe und Glaubenssätze
Heute morgen fühlte ich mich völlig schlapp und hätte ziemlich viel dafür gegeben, einfach im Bett bleiben zu können. Krämpfe und Missempfindungen durch eine chronische Erkrankung hoben die Stimmung nicht weiter an und ich spürte in mir eine wirklich ätzende Stimme laut werden. Eine vorwurfsvolle, anklagende, unfassbar genervte Stimme, die von meinem Körper angewidert und sauer auf meine mangelnde Leistungsfähigkeit ist. War ja klar, wenn es ernst wird, dann willst du wieder schlapp machen. Lässt das Kollegium im Stich. Stell dich nicht so an! ALLES EINBILDUNG! DU BIST EINFACH FAUL!!! In meinem Kopf blinkt immer wieder ein Glaubenssatz auf, der stets auf solche Situationen wartet: DU BIST NICHT GUT GENUG!
Vor ein paar Monaten hätte ein selbstzerstörerischer Kreislauf begonnen, denn aus irgendeinem Grund, fühlt sich mein Körper nicht wohler, wenn ich ihn beschimpfe. Stattdessen reagiert er mit noch mehr Krankheitssymptomen und noch schlechteren Gefühlen, die wiederum zu zusätzlichen Kopfschmerzen führen…
Was würdest du einem geliebten Menschen sagen?
Natürlich ließe sich das endlos weiterführen. Und man braucht auch keine chronische Krankheit dafür. Ein Schnupfen, Rückenschmerzen, Nackenverspannungen, Kopfschmerzen, Magenschmerzen, die Palette von körperlichen Beschwerden, die immer zum ungünstigsten Zeitpunkt auftauchen, ist riesig. Natürlich ist das ätzend. Keiner kann das gebrauchen und alle wären wir lieber fit und leistungsfähig. Welche Beschwerden sind es bei dir? Hörst du auch in deinem Kopf eine Stimme, die zu dir spricht? Was sagt sie? Was macht das mit deinem Wohlbefinden?
Und nun stell dir vor, ein lieber Kollege oder eine gute Freundin würde vor dir sitzen, mit genau diesen Beschwerden, mit genau dieser Stimmung. Erschöpft, müde, überarbeitet und nicht wirklich fit? Was würdest du da sagen? Stell dich nicht so an? Reiß dich zusammen und hör auf zu jammern? Wohl eher nicht.
Warum behandelst du dich nicht selbst so, wie einen geliebten Menschen? Es hilft einfach nicht, zu sich selbst gemein und abwertend dem eigenen Körper zu sein. Was bezweckst du dadurch? Ist es dein Ziel, aus einem schlechten Tag einen noch viel schlechteren zu machen? Welche Worte würden ihn besser machen?
Du bist genug!
Eigentlich geht es nur darum, anzunehmen, was gerade ist: Du fühlst dich müde, hast zuviel gearbeitet, fühlst dich nicht gut und glaubst, nicht genug zu tun und zu sein. Das ist dein gutes Recht! Nimm es einfach an. Und dann lass es gehen! Kein Wunder, dass du dich gerade so fühlst, du gibst alles, was du kannst.Und natürlich hat jeder schlechte Tage, auch die Lehrerpersönlichkeit deiner Träume wird schlechte Tage haben. Es geht auch gar nicht darum, immer nur gute Tage zu haben. Es geht darum, wie wir mit den schlechten Tagen umgehen. Denn wenn es dir schlecht geht, dann sind auch deine Gedanken negativ. Sei dir bewusst, dass du unter diesen Umständen auch eine ganz andere Wahrnehmung hast. Du fühlst dich schneller angegriffen, bist ungeduldiger, genervter und reagierst häufiger emotional. Dadurch wirst du vermutlich noch unzufriedener mit dir selbst, denn wir alle wissen, dass wir dann in der Schule nicht so arbeiten, wie wir es uns von uns wünschen.
Erste Hilfe
Lass uns überlegen, was wir tun können, damit du diese Phase gut überstehst und diesen Kreislauf durchbrechen kannst:
- Sei dir bewusst, dass du durch den Stress anders reagierst als sonst und sei verständnisvoll mit dir selbst.
- Überleg dir in Ruhe, wie du in speziellen Stresssituationen reagieren kannst.
- Schätze deinen Körper, für das, was er gerade leistet. Sei dankbar, dass er dir gerade erlaubt, über seine Grenzen zu gehen. Behandle ihn liebevoll und dankbar und gönne ihm zwischendurch kleine Ruhepausen.
- Sei fürsorglich mit dir selbst: Wasser, Snacks für unterwegs (Obst, Nüsse, ein Joghurt, ein Schokoriegel, Käsewürfel, ein schönes Sandwich), frische Luft und Sonnenlicht helfen dir, durchzuhalten. Sie sind kein Zeichen von Schwäche. Du tankst dein Auto doch auch, wenn der Tank leer ist!
- Sprich in deinen Gedanken so mit dir, wie du zu einer geliebten Person sprachen würdest: Liebevoll, aufmunternd und wertschätzend!
- Schau, welche Aufgaben du verschieben kannst, deine Zeit ist begrenzt. Zur Not bestelle Pizza anstatt zu kochen, verschiebe Hausarbeit oder lasse Partner/in oder Kinder das übernehmen und streiche unwichtige Aufgaben einfach von deiner Liste.
- Sei dir bewusst, dass dein Körper mit dir kommuniziert und nimm seine Warnzeichen ernst. Sieh, was du ihm zumutest und dass er dich warnen will. Je mehr du diese Zeichen unterdrückst, desto heftiger werden sie.
Ich bin gespannt auf deine Erfahrungen. Was sagt die Stimme in deinem Kopf? Gehst du schon jetzt liebevoll mit dir um? Wie kannst du dir etwas Gutes tun? Ich habe ganz entspannt mit der Familie gegessen, es mir gemütlich gemacht und diesen Beitrag geschrieben und es geht mir viel besser als vorher! Was tust du heute noch für dich?
Du bist genug!
Deine Sahra
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