Warum Grundschule?
Heute möchte ich noch ein wenig mehr von mir mit dir teilen. Es geht darum, warum ich mich dafür entschieden, dauerhaft an einer Grundschule zu bleiben, obwohl ich mein Referendariat an einem Gymnasium absolviert habe. Oft werde ich nach den Gründen dafür gefragt. Oder danach, ob ich das Gymnasium nicht vermissen würde, als könnte es nur eine Notlösung sein, an die Grundschule zu gehen. Doch das ist es nicht.
Ich werde Lehrerin!
Schon seit der Grundschule wollte ich unbedingt Lehrerin werden. Am Gymnasium entdeckte ich dann meine Liebe zum Fach Geschichte. Am Tag, an dem wir die Schulbücher für das neue Schuljahr bekommen hatten, konnte ich es nicht erwarten, nach Hause zu kommen und mir das Geschichtsbuch durchzulesen. Ja, an einem Abend, mit einer Packung Schokoküsse dazu.
Nach dem Abi wusste ich also, dass ich Geschichte auf Lehramt studieren wollte, fürs Gymnasium natürlich. Unsicher, was denn nun mein zweites Fach werden sollte, entschied ich mich für Latein. Ja, dieser Albtraum von Schülergenerationen. Passt super, weil man für Geschichte eh Latein können muss, die Antike für mich mega spannend war und dann auch noch die „Korrekturfreundlichkeit“.
Nach dem ersten Semester war ein Praktikum an der Grundschule Pflicht. Ich liebte es! Kurz überlegte ich, ob ich nicht nach Flensburg gehen sollte um Grundschullehramt zu studieren. Dann merkte ich, dass ich schwanger war. Also blieb ich. Es folgten weitere 13 Semester voller spannender und qualvoller Kurse und Aushängen am schwarzen Brett wie „Leider hat keiner der Kommilitoninnen und Kommilitonen die Lektrüreklausur bestanden.“
Zwischendurch stellte ich in einem Praktikum fest, dass Latein zu unterrichten unglaublich viel Spaß bringt. Das ich es überhaupt liebte, mit Schülerinnen und Schülern zu arbeiten. Das motivierte mich durchzuhalten. Trotz der doppelten Belastung durch Studium und Kind.
1. Krise
Während des 1. Staatsexamens dann die 1. Krise: Trennung, plötzlich quasi alleinerziehend, da der Vater erst nur ein kleines WG-Zimmer hatte und dann nur noch am Wochenende in der Stadt war. Doch alles ging glatt und wenige Wochen nach Ende der Prüfungen konnte ich direkt eine Vertretungsstelle antreten. Ich war verdammt glücklich! Dann kam das Referendariat: Lungenentzündung schon im ersten Monat, Probleme mit der Mentorin, Opa gestorben, vor Stress 10 kg abgenommen. Ständige Vorwürfe, dass ich nicht genug leisten würde. „Das Land hat dich als Lehrerin eingestellt, nicht als alleinerziehende Mutter!“. Doch das Unterrichten blieb mir, 11 Stunden in der Woche, aus der ich meine Kraft zog.
2. Krise
Und dann plötzlich die nächste Krise: Sehnerventzündung, auf einem Auge unter 10% Sehkraft, Krankenhaus, Cortisoninfusionen, Plasmapherese, noch mehr Krankenhaus. Von März bis zu den Sommerferien krank geschrieben.
Ich glaube, ich habe für nichts im Leben so gekämpft, wie dafür trotzdem das 2. Staatsexamen zu schaffen. Und es ging, irgendwie. Und danach dann der komplette Zusammenbruch. Krankenhaus, Anschlussheilbehandlung, Egotherapie, Physiotherapie, Plasmapherese, ein Jahr im Bett mit Netflix. Selbstaufgabe… Das Leben ist doch eh sinnlos, wenn ich nicht mehr unterrichten kann. Immer wieder Schübe, immer wieder Cortisoninfusionen., merkürdige Krämpfe im Bein.
Endlich Angekommen
Und dann wurde ich unerwartet schwanger, alle Symptome waren auf einen Schlag verschwunden. Ich stellte meine Bewerbung ins Internet. Die erste Schule, die mich anrief, war eine Grundschule. Ich fuhr hin und war überwältigt von der Herzlichkeit. Ich sagte zu – und es folgte eine der glücklichsten Phasen meines Lebens. Ein halbes Jahr blieb ich – bis zum Mutterschutz. Die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen war so bereichernd, ich durfte so unfassbar viel lernen, wurde angeleitet, unterstützt, aufgebaut. Vom ersten Moment fühlte ich mich angekommen. Und auch wenn ich weder Latein, noch Geschichte unterrichtete, wusste ich, dass ich genau richtig war.
Ein halbes Jahr später kehrte ich zurück, ein weiteres halbes Jahr danach bewarb ich mich auf eine unbefristete Stelle und bekam sie. „Aber du verdienst da doch viel weniger Geld als am Gymnasium!“ Ja, stimmt, es ist weiniger Geld. Aber ich bin glücklich, ich kann arbeiten, ich mache einen wichtigen Job und ich mache ihn gut. Ich kann mich permanent weiterentwickeln und werde dabei von Kolleginnen und Schulleitung unterstützt. Ich bin genau da, wo ich hingehöre!
Ich hoffe, du bist auch da, wo du glücklich bist! Teile gerne mit mir, wie dir dieser Beitrag gefallen hat, ich freue mich über deine Rückmeldung.
Alles Liebe
Sahra
Ein Grundschulstudium wäre für mich nie in Frage gekommen; ich wollte vertieft meine Fächer studieren, aus Interesse. Unterricht in der Grundschule dagegen verstehe ich sehr gut. Vermutlich hätte ich die Geduld nicht. Und die Schullaufbahnbahnentscheidung, die würde ich mir nicht zutrauen, oder mich zumindest gerne davor drücken. Ach, will heißen: ich könnte es wohl alles nicht, sehe den Reiz aber sehr wohl. Und das mit dem Glücklichsein… ein weites Feld. Aber es geht ziemlich gut.
Hallo Sahra,
schön, dass du deine Berufung gefunden hast! Mir geht es da ganz ähnlich. Ich hab auch immer wieder den Satz meiner Eltern im Ohr: „Wieso gehst du nicht ans Gymnasium, da verdienst du doch viel besser?“. Darüber kann ich nur die Augen rollen. Es wäre ein ganz anderer Job und den möchte ich schlicht und einfach nicht machen! Für die Grundschule schlägt mein Herz und nichts erfüllt mich mit mehr Stolz, als wenn ich Erstklässlern einen gelungenen Start ins Schulleben bescheren kann oder wenn Viertklässler es bedauern, die Schule verlassen zu müssen, und mir dafür danken, was sie alles bei mir gelernt haben!
Ja, so sehe ich das auch! Es passt einfach besser zu mir, es berührt mich mehr. Schön, dass es auch dir so geht! Alles Liebe!
Sahra